Neues Seekartenformat
Am 29. November 2014 donnerte das dänische Team Vestas Wind im Rahmen des Volvo Ocean Race um 16.00 Uhr deutscher Zeit mit 19 Knoten auf die Ausläufer des Riffs der Cargados Carajos Inselgruppe donnerte.
Damals fragte sich die Segelwelt, wie solch ein navigatorischer Fehler in Zeiten der digitalen Navigation überhaupt passieren konnte. Schnell wurde offensichtlich, dass gerade die digitale Navigation zur Havarie der Rennyachten im Indischen Ozean führte. Der niederländische Navigator Wouter Verbraak hatte auf der digitalen Seekarte auf dem Bildschirm eine Zoomstufe gewählt, die ein möglichst großes Seegebiet darstellte. Der „Zoomstufenfehler“ soll aber eigentlich eine Hilfe sein, um die Übersicht zu behalten. Gerade die im Vergleich zur Papierkarte deutlich kleinere Fläche des jeweiligen Monitors erfordert Zugeständnisse an die Darstellung von Informationen, die jeder Kartenanbieter anders löst. Ohne Differenzierung würden sonst bei kleinen Maßstäben regelrechte Tonnenhaufen entstehen, die die eigentliche Karte komplett überblenden. Um die unübersichtliche Darstellung zu vermeiden, werden je nach Zoomstufe andere Informationen in Form von Tonnen, Leuchtfeuern oder auch Tiefenlinien und -angaben eingeblendet. Die Gefahr hierbei: Die Unterschlagung von relevanten Informationen, die eventuell erst in der nächsten Zoomstufe eingeblendet werden. In der Folge unterscheiden sich elektronische Karten stärker untereinander als Papierseekarten, da jeder Hersteller selbst festlegt, was relevante Informationen sind und was nicht. Im Fall von Vestas Wind wurde dem Navigator das Riff schlicht vorenthalten. Doch aus der Havarie haben die Kartenhersteller gelernt. Bei vielen digitalen Seekarten lässt sich mittlerweile eine Art Routencheck durchführen. Vorausgesetzt der Navigator hat vorher eine Route auf der Karte anhand von Wegpunkten eingeplant, meldet das Programm eine Gefahrenstelle, falls die Route über eine Untiefe führt.

Mit einer Papierseekarte wäre es damals eventuell gar nicht erst so weit gekommen, denn sie bietet noch immer eine unübertroffene Übersicht – eine Übersicht, die ein Bildschirm allein aufgrund seiner Größe nicht bieten kann. Dennoch nimmt die Bedeutung der Papierkarte weiterhin ab. Kaum ein Schiff verlässt die Werft heute noch mit einem jener riesigen Kartentische, die vor 20 bis 30 Jahren noch Standard waren. Wenn überhaupt noch ein Kartentisch vorgesehen wurde, wird es in unseren Testberichten löblich erwähnt.
Um das Hantieren mit Seekartentapeten zu vereinfachen, schrumpften die Formate von Seekarten in den letzten analog zu den Kartentischen ebenfalls. Der NV-Verlag bietet seine Karten seit einigen Jahren im handlichen A3-Atlasformat an. Auf zahlreichen Törns an Nord- und Ostsee hat sich dieses Format in der Praxis bewährt.
Auch das BSH hat seine Seekartensätze grundlegend umgestellt. Mit teils gravierenden Folgen für Segler. Im neuen Seekartenkonzept sind Maßstab und Inhalt an verschiedene Nutzungen gebunden. Fortan unterscheidet das BSH in internationale Seekarten und nationale Seekarten. Übersetzt bedeutet das so viel wie: Berufsschifffahrt und Sportschifffahrt. Die Seekarten für die Berufsschifffahrt werden im Format DIN A0 gedruckt und sollten von Seglern ganz schnell vergessen werden. Denn neben der unpraktischen Größe ist diese Karte für Segler mehr oder weniger wertlos, da es ihr an Detailtiefe fehlt. In der A0-Karte werden nur die Hauptschifffahrtswege dargestellt. Alle anderen Fahrwasser werden mehr oder weniger ausgeblendet.
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