Skiff-Showdown vor Kiel

Die finale Runde ist eingeläutet. Ab heute um 15 Uhr geht es in den kommenden vier Tagen für die deutschen Skiff-Frauen um den Erfolg bei der Kieler Woche, um die Teilnahme an Olympia, um nicht weniger als die Erfüllung eines Traums. Tina Lutz/Susann Beucke (Chiemsee/Strande) und Victoria Jurczok/Anika Lorenz (Berlin) sind auf den Showdown vorbereitet. Am Sonntag wird sich entscheiden, welche Crew Deutschland in Tokio vertritt. Die Trumpfkarten nach zwei von bisher drei Olympia-Ausscheidungen halten Lutz/Beucke in der Hand.

Seit der 49erFX für die Spiele 2016 zur olympischen Frauen-Disziplin erkoren wurde, liefern sich beide Teams ein Duell um die deutsche Spitzenposition – und das mitten in der Weltspitze. Bis 2016 hatten Jurczok/Lorenz den Bug vorn, holten im Olympiajahr WM-Bronze, qualifizierten sich für die Spiele und segelten vor Rio auf Rang neun. In Richtung Tokio ging es seit 2017 zwischen beiden Mannschaften in einem bunten Wechselspiel weiter. Zur Europameisterschaft 2017 auf dem Kieler Heimatrevier holten Lutz/Beucke Gold und damit den ersten internationalen Titel in dieser Klasse für ein deutsches Team. Jurczok/Lorenz verloren erst am letzten EM-Tag das interne Duell, gewannen schließlich EM-Bronze.

2018 gab es für beide GER-Teams zwar eine Ergebnisdelle zur Weltmeisterschaft, doch in den Folgejahren waren sie wieder da. Vor Auckland/Neuseeland segelten Tina Lutz/Susann Beucke zur WM 2019 auf Rang fünf, drei Monate später – zur WM 2020 vor Melbourne – waren es Jurczok/Lorenz, die diesen Platz einnahmen. Beide Weltmeisterschaften zählten schon zur Olympia-Ausscheidung. Lutz/Beucke haben in diesem Duell mit 28:16 Punkten eine scheinbar komfortable Führung. Denn Tina Lutz gelang auch vor Melbourne als Neunte eine Topplatzierung – und das, obwohl sie mit Ersatzfrau Lotta Wiemers agierte (Susann Beucke musste einen Beinbruch auskurieren).

Victoria Jurczok zeigte sich in der Pressekonferenz selbstbewusst. Hier mit Pressesprecher Hermann Hell. Foto: Sascha Klahn/Kieler Woche

Jetzt gilt es, sich zur Kieler Woche zu beweisen, in einem Feld, das den Namen Weltklasse verdient. Die Weltmeisterinnen der vergangenen drei Jahre sind am Start. Und es mangelt nicht an Kampfansagen der deutschen Crews. „Kiel ist ein Revier, auf dem wir unseren Skiff super schnell eingestellt haben. Hier wissen wir, wie der Hase hoppelt. Auch ohne viel Training gibt es einen Heimvorteil“, sagt Beucke. Inzwischen hat sie ihren Beinbruch auskuriert, die ganze Konzentration ist auf die Olympischen Spiele ausgerichtet. „Dafür habe ich mein Studium abgebrochen und lebe im Bus. Wir haben ein ganz großes Ziel“, erklärt die 29-Jährige. Es wäre endlich die Erfüllung eines Traums im dritten Anlauf. Für 2012 waren Lutz/Beucke im internen Duell in der 470er-Klasse gescheitert, für 2016 an Jurczok/Lorenz.

Die Berlinerinnen lassen sich vom aktuellen Rückstand in der Ausscheidung und der Weltklasse vor Kiel nicht einschüchtern: „Angenehmer wäre es andersherum. Aber es ändert nichts daran, das Beste abzurufen. Es gibt eine Chance, die Qualifikation zu drehen. Wir konzentrieren uns ganz auf uns selbst, dann ist eine Top-Drei-Platzierung möglich“, sagt Victoria Jurczok. „Wir haben viel vor Kiel trainiert und auch mit Annemiek (Bekkering, d. Red.) in Holland.“ Die Niederländerin gewann die Weltmeisterschaften 2020 und 2018, ist damit eine heiße Anwärterin auf olympisches Edelmetall in 2021.

Tina Lutz/Susann Beucke haben in der internen deutschen Olympiaqualifikation zwölf Punkte Vorsprung. Foto: Sascha Klahn/Kieler Woche

Seitdem die Qualifikation für Tokio läuft, gehen sich die deutschen Olympia-Anwärterinnen im Training aus dem Weg. „Differenzen gibt es aber nicht. In der Corona-Pause haben wir auch mal was zusammen gemacht. Aber wir wollen gar nicht erst Probleme aufkommen lassen“, sagt Victoria Jurczok.

Egal wie die deutsche Ausscheidung ausgeht, für Olympia gibt es in der 49erFX-Klasse eine gute deutsche Medaillen-Chance: „Das Niveau der 49erFX ist noch ein ganz anderes als vor vier Jahren. Aber wir gehören zu den Top-5 in der Welt – genauso wie Tina und Sanni. Die Corona-Zeit haben wir gut genutzt, sind athletisch auf einem Top-Niveau“, so Jurczok. Die Kieler Woche verspricht, in der deutschen Ausscheidung der Skiff-Frauen für Tokio ein spannender Schlagabtausch zu werden.

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