Kollisionsverhütung: Augen auf!
Kaum ist die erste Hürde in Form eines Verkehrstrennungsgebietes genommen, blinken am Horizont schon neue Lichter auf. Auf die Distanz ist es schwierig, die Lichter richtig einzuordnen. Frachter oder Tanker sind schlicht beleuchtet und einfacher zu erkennen. Doch ein Fischer oder gar eine Hochgeschwindigkeitsfähre hingegen sind hell beleuchtet und beide könnten in kurzer Zeit die eigene Kurslinie kreuzen. Eine Kollision ist nicht auszuschließen. Doch welches Verhalten ist angebracht? Auch Windkraftanlagen können den Kurs beeinflussen, denn die Energiewende ist in vollem Gange. Und die Energie soll zu einem Teil aus Anlagen kommen, die entlang der deutschen Küstenlinie gebaut worden sind. Für den Segler bedeutet dies neue, starre Hindernisse im Wasser: Offshore-Windparks.
Windparks und Bohrinseln

Noch gibt es keine einheitliche Regelung, die das Verhalten gegenüber Windparks an der deutschen Küste vorschreibt. Zwar dürfen Fahrzeuge über 24 Meter eine für jeden Windpark eingerichtete Sicherheitszone nicht befahren, doch die Befreiung dieses Verbotes für Fahrzeuge unter 24 Meter wird von den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen Nord und Nordwest für jede Anlage einzeln geregelt. Den Windpark Baltic 1 dürfen Segler (unter 24 Meter Länge) am Tag und bei guter Sicht durchfahren. Bei mehr als sechs Beaufort darf kein Fahrzeug in die Sicherheitszone des Windparks einfahren.
Ähnlich verhält es sich auch mit Bohrinseln, die vor allem im nördlichen Teil der Nordsee zahlreich vertreten sind. Um jede Bohrinsel erstreckt sich ebenfalls eine Sicherheitszone, die durch einen Abstand von 500 Metern zu den äußeren Punkten der Anlage gebildet wird. Auch hier wird das Befahren für jede Anlage einzeln geregelt, und meist ist das Durchfahren für diese Zonen nicht gestattet. Sicherungsboote achten darauf, dass kein Schiff der Plattform zu nahe kommt. Daher sollte mindestens ein Abstand von 500 Metern (=Sicherheitszone) zur Bohrinsel eingehalten werden.
Die eingerichteten Sicherheitszonen werden regelmäßig in den Nachrichten für Seefahrer (NfS) bekannt gegeben.
Fähren

Fähren gehören mit Abstand zu den schnellsten Verkehrsteilnehmern auf dem Wasser. Mit über 30 Knoten rasen Schnellfähren über Nord- und Ostsee, folgen dabei aber auch meist den in der Karte eingezeichneten Routen für Fähren. Wird außerhalb der eingezeichneten Routen gesegelt, besteht für den Skipper auch kein Grund zur Besorgnis. Oft liegen Fährrouten auf den abgesteckten Kursen, sodass der Kontakt mit einer der Routen nicht immer vermieden werden kann. Die gute Nachricht: Fähren und auch Schnellfähren besitzen keine Sonderrechte und müssen die Bestimmungen der Kollisionsverhütungsregeln (KVR) befolgen. Somit muss eine Fähre einem segelnden Fahrzeug ausweichen.

Vom ersten Auftauchen am Horizont bis zum Erreichen der eigenen Position vergehen keine 20 Minuten. Das Zeitfenster, in dem von beiden Fahrzeugen reagiert werden kann, ist daher sehr klein. Aus diesem Grund ist es bei Begegnungen mit Hochgeschwindigkeitsfähren sehr wichtig, frühzeitig gesehen zu werden. Ein Segelschiff mit aktivem Radarreflektor steht bei der möglichst frühen Erkennung auf der sicheren Seite. Um bei Nacht besser gesehen und erkannt zu werden, hilft es auch, das Großsegel mit einem Handstrahler auszuleuchten, sobald eine Fähre gesichtet wurde. Dadurch wird nicht nur die eigene Position verraten, sondern auch die Art des Fahrzeugs – ein Segler. Unbedingt vermeiden sollte man unerwartete, hektische Kursänderungen, die den Kapitän der Fähre im Endeffekt nur verwirren werden. Die Positionsänderung des Seglers ist in der kurzen Zeitspanne von unter 20 Minuten mit knapp einer Seemeile auch nur marginal. Die Fähre kann einen Ausweichkurs wesentlich besser bestimmen, wenn der Segler Kurs und Geschwindigkeit beibehält. Daher gilt auch im hektischen Fährbetrieb wieder: Ruhe bewahren und den Verkehr genau beobachten.
Sperr- und Warngebiete
In der Nordsee sind sie eher weniger anzutreffen, dafür in der Ostsee umso mehr: Sperr- und Warngebiete. Sie dienen den deutschen Seestreitkräften für militärische Übungen und Erprobungen und werden auch klar und deutlich in den Seekarten gekennzeichnet: Sperrgebiete durch gelbe Tonnen mit der Aufschrift: „Sperr-G.“ und einem roten, rechtwinkligen Kreuz auf der Tonne selbst, die um ein gelbes Kreuz als Toppzeichen ergänzt wird. Warngebiete durch die Aufschrift: „Warn-G.“ und ebenfalls mit dem gelben Kreuz als Toppzeichen.
Sperrgebiete wie beispielsweise das Gebiet südöstlich von Schleimünde dürfen nicht befahren werden. Jeglicher Aufenthalt in diesen Gebieten ist verboten, während Warngebiete nur zu bestimmten Zeiten für die Schifffahrt gesperrt sind.
Nebel

Auf See stellt Nebel noch immer eine große Gefahr dar, gerade für Segler, die auf kleinen Booten ohne Radar unterwegs sind. Nicht nur, dass sie andere Schiffe in der dichten Suppe nicht rechtzeitig erkennen können, auch ihr Radarecho ist für große Schiffe kaum auszumachen. Um das nervenaufreibende Stochern im Nebel zu vermeiden, sollte der Hafen bei Nebel nicht verlassen werden. Auch wenn sich abzeichnet, dass der Nebel sich lichtet, sollte noch etwas gewartet werden; die Nebeldecke kann unerwartet oder auch nur lokal wieder dichter werden.
Bei längeren Segelreisen kann es vorkommen, dass man durch Nebel oder schlechte Sicht überrascht wird und kein sicherer Hafen in Reichweite ist. Selbst wenn, führt der Weg in den Hafen zwangsweise durch den Nebel. Um auch bei Nebel und schlechter Sicht umgehend reagieren zu können, sollte die Geschwindigkeit verringert, die Positionslichter eingeschaltet und die erforderlichen Nebelsignale gegeben werden. Unter Segeln, bei ausgeschalteter Maschine, lassen sich Nebelsignale anderer Schiffe besser hören und einordnen. Allerdings muss die Maschine laut KVR für ein sofortiges Manöver bereit stehen, um beispielsweise das Fahrzeug auf halber Sichtweite aufzustoppen, sobald ein Nebelsignal eines anderen Schiffes vor dem eigenen Schiff ausgemacht wird.
Fischer

Der Weg an der deutschen Nordseeküste entlang führt durch die Küstenverkehrszone, die im Norden durch das Verkehrstrennungsgebiet „Terschelling – German Bight“ und im Süden durch die Friesischen Inseln begrenzt wird. In dieser Zone dürfen die großen Frachter und Tanker nur im Notfall oder zum Anlaufen eines Hafens einfahren. Nur einige Fischer und andere Segler können dem Segler hier noch begegnen. Und gerade Fischereifahrzeuge haben es in sich, da sie laut KVR eine gewisse Narrenfreiheit genießen: Ein Segler muss einem fischenden Fahrzeug ausweichen. Nur gestaltet sich eben das nicht immer einfach. Fischer sind für ihre schnellen undurchsichtigen Manöver bekannt und gefürchtet. Schnelles Zickzack Fahren, Aufstoppen oder auch die 180 Grad Wende lassen schwer auf den Kurs eines Fischers schätzen. Für den Segler sind diese abrupten Kursänderungen nicht nachzuvollziehen. Das sichere Passieren mit reichlich Abstand zum Heck eines Fischers wird aus diesem Grund zur Geduldsprobe. Wird zu früh der Kurs geändert, um den Fischer mit genügend Abstand zu passieren, ist es wahrscheinlich, dass der Fischer kurze Zeit später einen neuen Kurs einschlägt. Daher sollte auch in diesem Fall wieder Ruhe bewahrt und der Kurs gehalten werden, bis relativ sicher eine Aussage über den Kurs des Fischers getroffen werden kann. Größere Grundnetzschlepper halten hingegen oft den Kurs ein und der Segler kann schon früh mit einem Ausweichkurs reagieren. Bei einem Fischereifahrzeug sollte immer auf einen größeren Abstand geachtet werden, um nicht mit dem nachgeschleppten Fanggerät in Berührung zu kommen. Bei Nacht verwenden Fischer eine starke Decksbeleuchtung. Dadurch lässt sich zwar schon auf große Distanz ein Fahrzeug ausmachen, doch Positionslichter gehen in dem Lichterdschungel des Fischers oft unter und lassen sich schwer ausmachen